Herrn Papfs Perpetuum Mobile

von Richard P. Feynman

There is also an English version available.

Wir danken Ralph Leighton fr die Erlaubnis, diesen Text hier der Allgemeinheit zur Verfgung zu stellen.


Eines Tages [im Jahre 1966] kamen einige Studenten mit einer dieser Automobilzeitschriften - Roadrunner oder so hnlich - zu meinem Haus herber. Darin war ein Artikel ber eine wundervolle neue Maschine, die nach einem neuen Prinzip Energie gewinnt, und das ist wirklich sehr bemerkenswert. Man mu keinen Treibstoff fr das Auto kaufen; der Treibstoff wird bei der Herstellung der Maschine in die Zylinder verbracht und reicht fr etwa sechs Monate. Dann mu man sie zum Nachfllen zurckbringen. Die Maschine ist luftgekhlt und luft auf der Autobahn 97 Stundenkilometer.

Es gab ein Bild von der Maschine und ihrem Erfinder, Herrn Joseph Papf, der aus Ungarn in die Vereinigten Staaten gekommen war. Er steht neben der Maschine, Messungen mit einer Schalttafel voller Skalen ausfhrend. Verschiedene Leute hatten die Maschine betrachtet und in dem Artikel verschiedene Bemerkungen ber sie gemacht.

Herr Papf war im Begriff, seine Maschine in Los Angeles zu demonstrieren, und die Studenten wollten, da ich mit ihnen hingehe, um sie mir anzusehen. Ich sagte ihnen, da nichts genug Energie hat, um sich sechs Monate zu bewegen, es sei denn ein Kernreaktor, was es sicher nicht war. "Es gibt immer wieder Flschungen", sagte ich,"und er versucht wahrscheinlich Investoren dazu zu bewegen, Geld in seine Maschine zu stecken."

Dann erzhlte ich ihnen einige Geschichten ber Perpetuum Mobiles, wie die Maschine, die in einem Londoner Museum in einem Glaskasten stand. Sie war mit keinen Kabeln verbunden und trotzdem drehte sie sich herum und herum. "Man mu sich fragen: 'Wo ist die Energiequelle ?'"sagte ich. In diesem Fall kam Luft durch ein kleines Rohr, das in einem der hlzernen Fe, die den Glaskasten hielten eingelassen war. Die Studenten berredeten mich mit ihnen zu gehen, um die Vorfhrung zu besuchen. Sie wurde auf dem L-frmigen Parkplatz einer Khlgertefirma abgehalten. Die Maschine war am einen Ende des Parkplatz, whrend so um die 30 Personen ein Stck weg an der Biegung des L's waren. Herr Papf sprach ber die Wirkungsweise des Motors, er benutzte dabei vage und komplizierte Phrasen ber Strahlung, Atome, verschiedene Potentiale, Quanten und dies und das, was alles auf welche Weise auch immer keinen Sinn ergab und nie funktionieren wrde.

Aber was er sonst noch sagte, war wichtig, da jeder Betrug die richtige Charakteristik haben mu. Herr Papf erklrte, er habe versucht, seine Maschine an die groen Automobilgesellschaften zu verkaufen, aber diese wollten nicht kaufen, denn sie hatten Angst, damit allen groen lgesellschaften die Geschftsgrundlage zu entziehen. Also war offensichtlich eine Verschwrung gegen Herrn Papf's erstaunliche neue Maschine am Werke. Dann gab es einen Hinweis auf den Artikel im Magazin und die Ankndigung, da die Maschine zur Feststellung ihres Wertes in ein paar Tagen an das Stanford Research Institute gesendet werden wrde. Dies bewies natrlich , da sie real war. Es gab auch eine Einladung an vorausehende Investoren, diese groe Gelegenheit zu ntzen, um eine Menge Geld zu verdienen, denn sie war sehr energiegeladen. Und es gab eine gewisse Gefahr !

Einige Kabel gingen von der Maschine herunter zum Standort des Herrn Papf und der Zuschauern und in eine Menge Instrumente, die fr Messungen benutzt wurden; dies waren unter anderem ein Variac, ein einstellbarer Transformator mit einer Skala, der verschiedende Spannungen liefern konnte. Die Instrumente wiederum waren durch ein Kabel mit einer Steckdose an einer Seite des Gebudes verbunden. Somit war es ziemlich offensichtlich, wo die Energiequelle war.

Die Maschine fing an sich zu bewegen, und es gab eine kleine Enttuschung: Der Propeller des Lfters drehte sich leise herum, ohne den Lrm einer gewhnlichen Maschine mit kraftvollen Explosionen in den Zylindern und dem allem - es sah sehr nach einem Elektromotor aus.

Herr Papf zog den Stecker aus der Wand, und der Lfterpropeller drehte sich weiter. "Sie sehen, diese Leitung hat nichts mit der Maschine zu tun, sie liefert nur die Energie fr die Instrumente", sagte er.

Nun, das war einfach. Es gab eine Speicherbatterie in der Maschine. "Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich den Stecker halte ?" fragte ich.

"berhaupt nicht", antwortete Herr Papf und hndigte ihn mir aus.

Nach gar nicht langer Zeit bat er mich, ihm den Stecker zurckzugeben. "Ich wrde ihn gerne ein bichen lnger halten", sagte ich, wobei ich mir ausrechnete, da, wenn ich lange genug damit herumtaktierte, das verdammte Ding stehenbleiben wrde.

Sehr bald wurde Herr Papf wild, also gab ich ihm den Stecker zurck, und er steckte ihn in die Wand.

Kurze Zeit spter gab es eine groe Explosion: Ein Kegel von gleichfrmigen silbrigen Zeug scho heraus und verwandelte sich in Rauch. Die ruinierte Maschine fiel auf die Seite.

Der Mann, der mir am nchsten stand, sagte ,"Ich bin getroffen."

Ich sah ihn an, die ganze Seite seines Arms war aufgerissen, man konnte all die Muskelfasern, die Sehnen sehen - alles. Ich half ihm zu einem Stuhl hinber zum Hinsetzen.

Der jngste Student in der Gruppe wute, was zu tun war. "Mach eine Aderpresse aus einem Seil fr den Mann", sagte er mir. Er gab jedem Anweisungen und begann einen anderen Mann, der auf dem Boden lag, knstlich zu beatmen. Es war wirklich ziemlich wunderbar, diesen jungen Studenten zu sehen, wie er unter all diesen erwachsenen Mnnern die Leitung bernahm.

Zu der Zeit als die Sanitter kamen, merkten wir, da drei Leute verletzt waren, der auf dem Boden liegende am meisten. Er hatte ein Loch im Brustkorb (weswegen die knstliche Beatmung nicht wirkte) und er starb schlielich. Die anderen zwei Mnner berlebten. Wir waren alle erschttert.

Der junge Mann, der so fhig gewesen war im Meistern der unerwarteten Tragdie, ergriff das Wort. "Fr gewhnlich trinke ich nicht," sagte er,"aber lat uns zu einer Bar gehen und einen trinken, um unsere Nerven zu beruhigen."

Wir gingen in eine Bar und bestellten etwas zu trinken. Ich war berrascht zu entdecken, da der junge Mann, der der reifste von allen war, minderjhrig war - er konnte nichts trinken.

Wir begannen ber die Maschine zu sprechen. Ein Mann, ein Geldgeber, der einen Ingenieur mitgebracht hatte, um die Demonstration zu sehen, sagte: " Mein Ingenieur empfahl mir, grtenteils hinter der Ecke des Gebudes zu stehen und whrend der Demonstration nur hervorzusphen, denn diese neuen Maschinen sind manchmal 'gefhrlich'."

Jemand anderer wies darauf hin, da Herr Papf frher mit Raketen gearbeitet hatte, und die Explosion sah aus wie hochgehender Raketentreibstoff.

Meine Ansicht war, da, wenn Herr Papf, wie angekndigt, die Maschine an das Stanford Research Institut geschickt htte, das Spiel in ein paar Tagen vorbei gewesen wre. Eine Explosion, gerade gro genug, um die Maschine zu zerstren, wrde das Spiel etwas lnger am Laufen halten; sie wrde die gewaltige Kraft der Maschine zeigen, und, am wichtigsten, sie wrde einen Grund fr Geldgeber liefern, mehr Geld in das Projekt zu stecken, jetzt wo die Maschine wieder zu bauen war. Wir stimmten in der Auffassung berein, da die Explosion viel grer war, als Herr Papf wahrscheinlich wollte.

Nach so einer Explosion mit dem daraus hervorgehenden Unglcksfall und den Verletzungen gab es natrlich eine gerichtliche Untersuchung. Herr Papf beschuldigte mich, seine Maschine ruiniert zu haben behauptend, mein Herumtacktieren mit der Leitung habe verurscht, da er die Kontrolle ber sie verlor. Caltech hat eine Rechtsabteilung, um seine umherstreifenden Professoren zu beschtzen, also sprachen die mit mir. Ich sagte Ihnen, da er nicht viel von dem Fall haben wrde: Er htte zu beweisen, wie die Maschine arbeitet, und er htte zu beweisen, da tatschlich das Nehmen des Kabels die Explosion verursachte.

Der Fall wurde auergerichtlich beigelegt, und Herrn Papf wurde etwas gezahlt. Ich meine, es liegt eine gewisse Weisheit darin, nicht vor Gericht zu gehen, auch wenn man Recht hat, aber ich kostete Caltech eine gewisse Menge Geld dadurch, da ich zu der Demonstration ging. Ich denke immer noch, da ich mit angemessener Wahrscheinlichkeit richtig diagnostizierte, was passierte.

Und natrlich hat man seitdem nichts mehr von von Herrn Papf's neuer Maschine gehrt.


Aus LASER, Zeitschrift der Southern Californian Skeptics

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Letzte nderung: 10. April 1997